Heteronormativität
Der Geschlechtsausdruck bezeichnet die Weise, wie Menschen ihr Geschlecht durch Kleidung, Stimme, Mimik, Gestik oder Styling sichtbar machen. Er ist von der Geschlechtsidentität unabhängig und variiert stark je nach Kontext, Kultur und individueller Entscheidung. In einer heteronormativen Gesellschaft, in der zwei klar definierte Geschlechter mit jeweils festgelegten Eigenschaften und Rollen als Norm gelten, wird der Geschlechtsausdruck oft poliziert: maskulin oder feminin, aber bitte klar unterscheidbar, eindeutig lesbar und ohne „Irritationen“.
Genau diese Irritation ist jedoch das Werkzeug der Tunte: Ihre Überzeichnung von Weiblichkeit ist keine bloße Imitation, sondern eine queere Strategie der Sichtbarmachung und Kritik. Wie auch Drag Queens und Drag Kings spielt die Tunte mit Zuschreibungen, übertreibt sie ins Absurde und zeigt damit, dass Geschlechtsausdruck ein performativer Akt ist – eine Rolle, die erlernt, angepasst oder auch verweigert werden kann. Wo das Passing oft Sicherheit durch Anpassung bietet, entzieht sich die Tunte bewusst der Lesbarkeit. Ihr Ausdruck ist nicht das Streben nach Akzeptanz, sondern ein greller, manchmal unverschämter Gegenentwurf zur Norm.